Diese Frage ist sehr wichtig. Ich denke, dass in nahezu jeder Rassekatzendiskussion unterschwellig auch Wertigkeit ein Riesenthema ist. Und dass aus diesem Grund in Nullkommanix Emotionen hochkommen. Zum einen, weil ich davon überzeugt bin, dass "echte" Rassekatzen, die aufgrund ihrer Papiere, Auszeichnungen, Stammbäume überhaupt keinen Zweifel an ihrem Status lassen, nicht nur aufgrund ihrer Linien, Gesundheit etc. als immer wieder "echt" und "einzig echt" kategorisiert werden. Ich bin überzeugt, dass Besitzer solcher Katzen auch aus eigenem, persönlichen Interesse sehr großen Wert auf diese Differenzierung legen. Echte Rassekatzen stellen aufgrund ihres hohen Anschaffungspreises allein schon eine "Randgruppe" dar, die für wenige - jedenfalls nicht die breite Masse - erschwinglich ist. Soziologisch gesehen bewegen wir uns damit in einer Schicht, einem Milieu, welches sich abhebt von der Masse. Psychosozial reden wir vom Selbstkonzept, dem Selbstbild, welches ich von mir habe - und der Bewertung von außen, welches mein Selbstbewusstsein prägt. Ich denke, dass Rassekatzen - sind es nun "echte" Rassen oder die, die so aussehen - heute auch für Halter den Zweck erfüllen müssen, sich gesellschaftlich zu positionieren, sich abzugrenzen und somit Statussymbole sind. Vielleicht waren sie das - auf ihre Art - auch schon immer.
Im Gegenzug denke ich, dass zum einen eben auch Faktoren wie (Minder-)Wertigkeit, Neid, Zugehörigkeitswunsch und Status ursächlich sind für die Argumentation von Nicht-Rassekatzenhaltern. Aber auch der Wunsch nach Akzeptanz und Gleichberechtigung.
Sicher liegt Rassekatzenhaltern das Wohl ihrer Tiere genau so am Herzen wie das der Haus- und Hofkatzenhalter. Wenn jedoch die Anzahl "echter Rassekatzen" bestimmt wird durch Definitionen, Stammbäume und Papiere - von welcher Anzahl sprechen wir dann eigentlich? Und ist es nicht prozentual die logische Schlussfolgerung, dass, rechnet man auf 100 Hauskatzen fünf "echte Rassekatzen", 95 übrig bleiben in der Statistik für alle Art von Krankheiten? Dann ist mir das auch klar mit der höheren Anfälligkeit - sind ja xmal mehr.
Und noch etwas. Ich bin bekennendes ausführendes Organ einer kleinen Schwarzzucht, die ein anderer vermutlich begonnen hat. Die Optik meiner Mina war vielleicht der Anlass, sie zu verpaaren, vielleicht auch mit dem Hintergedanken, ein paar Euro für ihre Kinder in den Kleinanzeigen herauszuschlagen. In dem Moment, als ich mich gegen eine Kastration und "Leerung" entschieden habe, wurde auch ich zum Vermehrer. Das sind nicht immer die Anonymen, die Bösen, die Korrupten, die Asozialen oder die Dummen - ich selbst bin einer von ihnen.
Ich hatte andere Maßstäbe bei dieser Entscheidung. "Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will." Das einzige, was ich vor der Geburt habe machen lassen, war eine Blutgruppenbestimmung von Mina. Für alles andere danke ich dem lieben Gott. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, diese Familie nicht entstehen zu lassen. Weil es schon zu viele gibt, weil die Tierheime voll sind? Glaubt irgendjemand von euch, dass diese Aspekte mich in meinem Handeln beeinflusst hätten...? Ganz sicher nicht. Und ich bin täglich im Netz unterwegs.