Hallo Alex,
ich hab jetzt dieses und auch dein anderes Posting gelesen und ich finde den Sachverhalt eigentlich ziemlich klar: Du hast Conrad recht früh bekommen (also frühe Muttertrennung), was zu einer starken Fixierung auf die Bezugsperson, Unsicherheitsgefühle (wenn Bezugsperson keine Zeit hat, wird das als Ablehung aufgefasst) und Trennungsängste führen kann, daraus resultierend dann natürlich auch verstärkte Eifersucht (was ja eigentlich nichts anderes als Verlustangst ist). Auch verstärkte Anhänglichkeit kann auftreten. Zudem wird Conrad garantiert den Ärger deines Freundes spüren und deinen Freund nicht nur als Rivalen, sondern auch als Gefahr sehen (dass du deinem Freund mehr Aufmerksamkeit gibst und Conrad zu kurz kommt). Solch eine tiefe Angst in dem Sinne kann in Conrad stecken und du schreibst ja auch, dass er sehr anhänglich ist und vermehrt deine Aufmerksamkeit sucht, vielleicht auch vor allem, wenn du mit deinem Freund sehr vertraut oder intim bist (wenn ich das im anderen Posting richtig verstanden habe). Das verdeutlicht auch die Tatsache, dass er auf deine Klamotten pinkelt, die am Boden liegen.
Katzen sind ja "unsauber" wenn sie sich verunsichert fühlen und sie benetzen dann bestimmte Dinge mit ihrem Uringeruch, weil ihnen das Vertrautheit schafft. Wenn sie vor allem die Klamotten von Frauchen anpieseln, heißt das, dass sie den Geruch von Frauchen mit ihrem Geruch vermischen wollen, ist also ein absolutes Indiz dafür, dass er mehr "Vereinigung" mit dir will, sich also vernachlässigt fühlt. Das heißt nicht, dass du den Kater tatsächlich vernachlässigst, sondern Conrad interpretiert das so, aufgrund seiner Unsicherheit und einer tiefsitzenden Verlassenheitsangst.
Wenn du Conrad jetzt weggeben solltest, hat sich seine Angst und Befürchtung bestätigt und sein Problem wird sich noch mehr festsetzen, die neuen Halter dürften es dann noch schwieriger haben, ihm die Pieselei abzugewöhnen. Ich finde, das sollte man auch bedenken, auch wenn ich verstehen kann, wie sehr so eine Sache nervt und es mir leid tut, dass es Ärger mit deinem Freund gibt, und es für eure Beziehung tatsächlich gut wäre Conrad abzugeben. Für Conrad wäre das allerdings der Grundstein für die Verfestigung seiner Neurose.
Es gibt ja auch Verhaltenstherapie für Tiere, und in diesem Berufszweig hat man festgestellt, dass Tiere tatsächlich unter starker Verlassenheits- bzw. Trennungsangst leiden können, und das man sie mit Verhaltenstherapie bzw. Verhaltenstraining etwas sicherer in dieser Hinsicht machen kann (hab das schonmal beobachtet, bei Hunden, die von ihrem Halter überhaupt nicht getrennt sein konnten, wie so ein Verhaltenstraining ablief). Leider habe ich für Katzen kein genaues Training parat, aber mein Gefühl sagt mir, dass es vielleicht gut wäre, Räume zu schaffen (also Zeiten oder Rituale) die nur Conrad und dir gehören, das muss ja nicht gleich stundenlang sein, viel wichtiger ist die Regelmäßigkeit und das Ritualisieren, so dass Conrad sich darauf verlassen kann. Du schreibst, du kannst Conrad nicht mehr vertrauen, ich sehe das als schönes Spiegelbild, dass auch Conrad dir nicht vertrauen kann (das du immer da sein wirst), was natürlich nicht an dir liegt oder deine Schuld ist, sondern an seiner Unsicherheit liegt. Wichtig wäre also Vertrauen aufzubauen, das erreicht man durch stetige Wiederholungen, das Conrad regelmäßige
feste Zeiten, Rituale bekommt, so dass er sich darauf und damit auf dich verlassen kann. (Ich sehe das an meinen Katzen, dass es sie tatsächlich irritiert, wenn mein Tagesablauf mal sehr anders ist als sonst, Regelmäßigkeit ist ganz wichtig für Katzen).
Ich finde aber das allerwichtigste ist, das vorab mal geklärt wird, wie dein Freund zu Conrad steht (ihr wohnt ja zusammen-oder?), ob dein Freund in der Lage ist, Conrad vielleicht die Pieselei zu verzeihen und bereit ist die Pieselei vorrübergehend erstmal in Kauf zu nehmen, sie als Hilferuf zu verstehen (was dann vielleicht seinen Ärger etwas mildert), dass du mit Conrad daran arbeitest, bis Conrads Verhalten umkonditioniert ist und die Pieselei aufhört (das ist tatsächlich möglich). Also wieweit ist dein Freund bereit, in Conrad ein bedürftiges Wesen zu sehen und etwas Aufwand darum zu betreiben. Ohne die Bereitschaft deines Freundes wird es nämlich schwerlich klappen (wenn er dort mit wohnt), denn Katzen sind feinfühlig und spüren die Ablehnung und den Ärger sehr stark, und solange diese anhalten wird sich sein Verhaltensproblem kaum lösen lassen. Vielleicht ist auch dein Freund etwas eifersüchtig auf Conrad oder deine Katzen, wenn ihn das so sehr ärgert? So abwägig ist das gar nicht (kenne ich aus eigener Erfahrung, auch wenn viele Menschen sich solche Gefühle nicht eingestehen wollen, obwohl ja eigentlich nichts schlimmes daran ist, sondern ein ganz natürliches Gefühl).
Dein Freund müsste also mitziehen und die Beziehung zwischen ihm und Conrad müsste geklärt werden. Wenn dort vorhandene Spannungen abgebaut werden, kann man beginnen für Conrad feste Rituale zu schaffen und sein Toilettenverhalten umzukonditionieren. Man kann zusätzlich, aber nur zusätzlich, Bachblüten und Homöopathie versuchen, zur Verstärkung der Sicherheit von Conrad.
Das alles wird nicht von heute auf morgen gehen, und auch etwas Aufwand bedeuten, aber ich möchte dir Mut zusprechen, denn ich hab schon erlebt, dass bei Katzen solch ein Verhaltensproblem gelöst werden kann.