Lillytiger1965
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Thema: Energiebedarf von Katzen
incl. Krankheitsbild Übergewicht und Adipositas
sowie FBMI (Feline Body Mass Index) als Informationshilfe zur Selbstfestellung Normalgewicht
Die von den Herstellern angegebenen Futtermengenempfehlungen, nach denen wir uns i. d. R. auch richten, werden fast ausschließlich in Gramm X je kg Köpergewicht Katze in Tabellenform (proportional hochgerechnet) ausgewiesen (Katze 3 Kilo = 45 Gramm, folglich Katze 6 Kilo = 90 Gramm). Manche Hersteller wie Felidae machen es sich sogar noch leichter: "Die benötigte tägliche Fütterungsmenge beträgt bei einer 5 kg schweren Katze ca. 50-60 g" bzw. daraus dann berechnet/angenommen: "Fütterungsempfehlung etwa 10g pro Kg Katze".
Leider wird bei dieser Art Hochrechnung der Fütterungsempfehlung i. d. R. nicht extra darauf hingewiesen, dass sie sich auf Katzen mit Normal-/Idealgewicht beziehen. Ein Halter, der somit diese Angaben 1:1 übernimmt, die ersten Anzeichen auf evtl. bestehendes Übergewicht (da oft schleichend) nicht bemerkt und eine ständige Gewichtserhöhung mit der Gesamtgröße der Katze abtut, riskiert Adipositas in höheren Graden. Und das im Grunde nur, weil fälschlicherweise davon ausgegangen wird, dass der Energiebedarf pro KG bei einer schweren Katze mindestens genauso groß ist wie bei einer schlanken. Tatsächlich ist es aber genau umgekehrt und viele - gerade großen - Katzen werden falsch ernährt/überfüttert.
Da aufgrund dessen heute bereits jede dritte Katze an Übergewicht leidet, wurde im Waltham-Zentrum, der Weltautorität für Heimtierhaltung und -ernährung in Großbritannien, der sogenannte Feline Body Mass Index (FBMI®) entwickelt. Dank dieses Verfahrens kann mittels zweier einfacher Körpermessungen das Verhältnis von Fett- und Muskelgewebe abgeschätzt und Übergewicht frühzeitig erkannt werden.
Um die eigenen Alarmglocken zu sensibilisieren, habe ich einige konkrete Auszüge mit nützlichen Hinweisen zum Normal-/Idealgewicht und die Futtermengenproblematik von fettleibigen/übergewichtigen/adipösen Katzen aus der 158-Seiten-Arbeit Untersuchung zum Energiebedarf von Katzen von Gertrude Detstadlter-Pietsch zusammengestellt. Eine FBMI-Tabelle ist im Anhang auf Seite 157 zu finden. Der Energiebedarf von Welpen wird ebenfalls in dieser Untersuchung behandelt.
Zitat - Original auf Seite 35
In absoluten Zahlen wurde Übergewicht bei der Katze unter anderem von KIENZLE et al. (2000) definiert, die in ihren Untersuchungen feststellten, dass weibliche Katzen über 5 kg und Kater über 6 kg fast immer übergewichtig sind. Dies bestätigt die Aussage von SCOTT 1981), die für weibliche Katzen einen Bereich von 2,5 kg bis 3,5 kg und für Kater von 3 kg bis 4,5 kg als Normalgewicht angab und alle Katzen mit über 6 kg als adipös und als eindeutige Kandidaten für eine Reduktionsdiät bezeichnete.
Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang die Definition bzw. Interpretation des Normal- bzw. Ideal- oder Sollgewichtes der Katze, auf das sich alle oben angeführten Definitionen der Adipositas beziehen. Da die Rasseunterschiede bei der Spezies Katze im Vergleich zu anderen Tieren wie z.B. dem Hund relativ gering sind und in diesem Zusammenhang kaum zum Tragen kommen, und auch die individuellen Variationen (z.B. großrahmige Katzen) sich in Grenzen halten, sind sich die meisten Autoren darin einig, dass das sogenannte Normalgewicht für weibliche Katzen durchschnittlich um die 3 – 3,5 kg (maximal 4 kg) und für Kater um die 4 – 4,5 kg (maximal 5 kg) liegt (CRANE, 1991; SLOTH, 1992; KIENZLE, 2000).CRANE (1991) ging davon aus, dass das Idealgewicht einer Katze wahrscheinlich jenes ist, das das Tier im 2. Lebensjahr, also im ersten Jahr nach dem Ausgewachsensein, hat.
Zitat - Original auf Seite 112
Dass Übergewicht einen erheblichen Einfluss auf den Energiebedarf pro Kilogramm Körpermasse ausübt, postulierten schon EARLE und SMITH (1990). Diese Autoren beobachteten bei schlanken Katzen mit ca. 2,5 kg bis 3,5 kg einen Energiebedarf von etwas über 250 kJ DE/kg KM, während der Erhaltungsbedarf von schweren Katzen mit 6 kg bis 6,5 kg um ca. 100 kJ DE/kg KM niedriger lag.
Zitat - Original auf Seite 120
Empfehlungen zum Energiebedarf
Aufgrund des oben dargestellten Einflusses von Übergewicht auf den Energiebedarf sollte für die Fütterungspraxis grundsätzlich zwischen übergewichtigen und normalgewichtigen Katzen unterschieden werden. Dies erfolgt am besten anhand des Body Condition Scoring Systems, das hierbei aber streng angelegt werden sollte. Anhand der eigenen Auswertungen hinsichtlich des Einflusses des Gewichts auf den Energiebedarf gilt dies insbesondere dann, wenn weibliche Katzen schwerer sind als 3,5 kg und männliche Kastraten schwerer sind als 4 kg. Es blieben dann bei den schweren Tieren überwiegend Vertreter großer Katzenrassen übrig, wie z.B. Maine Coon, die allerdings mehr als doppelt so schwer sein können wie normale Hauskatzen. Aus diesem Grund sollte der Energiebedarf nicht auf die Körpermasse bezogen werden, sondern ausschließlich auf die metabolische Körpermasse. Wie im Schrifttum ausgeführt wurde, ist bei Katzen davon auszugehen, dass der von HEUSNER (1982) postulierte intraspezifische Exponent von 0,67 gut geeignet ist.
Werden die eigenen Daten mit diesem Exponenten ausgewertet, so lässt sich für Katzen mit Normalgewicht (BCS bis 5) eine Energieaufnahme von ca. 251 kJ ME/kg KM bzw. 419 kJ ME/kg KM 0,67 empfehlen, was deutlich unter den Bedarfszahlen des NRC (1986) liegt, der für inaktive Katzen ca. 293 kJ ME/kg KM und für aktive Katzen etwa 335 kJ ME/kg KM empfiehlt. Für Tiere mit höherem Body Condition Score ist anhand der eigenen Ergebnisse ein Erhaltungsbedarf von ca. 544 kJ ME/kg KM0,40 zu veranschlagen.
Auf die Frage ...
Warum halten sich Tierärzte mit der Diagnose Übergewicht zurück?
... wird in der Studie folgender Hinweis gegeben:
Zitat:
Obwohl
die Adipositas bei der Katze theoretisch und im klinischen Umfeld erfolgreich behandelt werden kann (siehe Therapie), gestaltet sich die Behandlung in der tierärztlichen Praxis meist sehr schwierig. [...]
Hauptursachen sind mangelnde Akzeptanz der Diagnose durch den Tierbesitzer und somit mangelnde Compliance (SLOTH, 1992; MARKWELL und BUTTERWICK, 1996; REMILLARD, 2000). Hier sind fachliches und psychologisches Engagement des Tierarztes gefragt, der zusätzlich darauf zu achten hat, dass die diätetische Therapie praktikabel sein muss und finanzielle wie zeitliche Ressourcen des Tierhalters nicht übersteigen darf (KIENZLE et al., 2000).
Ähnliche Aussagen findet man ebenfalls unter Klinische Aspekte der felinen Adipositas (23.09.2004):
Zitat:
Die Adipositas ist die häufigste ernährungsbedingte Erkrankung der Katze.
[...]
Ungeachtet der Tatsache, dass Tierärzte Übergewicht bzw. Adipositas als solche durchaus erkennen, wurde bei nur 1,6 % der im Rahmen der genannten Studien untersuchten Katzen tierärztlicherseits die Diagnose „Adipositas“ gestellt.
Warum sind Tierärzte so zurückhaltend hinsichtlich der Diagnose und der Therapie einer Adipositas bei Hund und Katze? Die Gründe sind vielfältig, drei Aspekte sind jedoch wichtig:
1. objektive Kriterien für die Diagnose fehlen,
2. der Einfluss von Adipositas auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Katze ist noch nicht ausreichend bekannt, und
3. der Langzeiteffekt von Gewichtsabnahmeprogrammen bei Katzen war enttäuschend.
Ein besseres Verständnis der genannten drei Aspekte verbessert die Prävention einer Adipositas und auch ihre Behandlung.
Ein weiterer Grund, warum Übergewicht zu selten diagnostiziert wird ist die Befürchtung, dies könnte zu einem Negativkontakt mit dem Tierbesitzer führen. Viele Tierärzte glauben, dass ihre diesbezügliche Beratung als Verurteilung oder aber als Hinweis auf die Inkompetenz des Tierhalters verstanden wird.
Weitere hilfreiche Links zum Thema:
Diagnose des Übergewichtes bei einer Katze incl. Bilder/Fotos u. FBMI-Tabelle
FBMI-Tabelle incl. Mess-Erklärungen
FBMI-Tabelle incl. kleiner Mess-Zeichnung
Ich mache nochmals deutlich darauf aufmerksam, dass es sich bei den Gewichtsangaben lediglich um Eckdaten handelt, um zu einer ehrlichen (Selbst-)Überprüfung anzuregen. Durch schmeichelnde Ferndiagnosen lediglich anhand einer Kilozahlnennung oder freundlich gehaltene Aussage des Tierarztes (s.o.), läßt man sich zu schnell dazu verleiten, ein evtl. bestehendes Gewichtsproblem nicht wahrhaben/erkennen zu wollen.
LG Lillytiger
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