
mortikater
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Der große Irrtum: normale Blutphosphatwerte bei CNI
Mein CNI-Kater Mika, CNI seit 2006, Krea-Ausgangswert 3.2 (Ref.<1.9), also Stadium III, hatte über die ganzen Jahre einen ungewöhnlich langsamen Verlauf. Mika bekam zur Nierenunterstützung zunächst SUC, damit hatte er nach einem Jahr einen Absturz. Mit Neynerin verbesserten sich seine Werte, der Kreatininwert stieg damit eigentlich nie über 3.0.
Zum Zeitpunkt von Mikas Diagnose änderte sich die bis dahin einhellig postulierte Forderung, eine CNI-Katze müsse von Anfang an mit Nierendiät (protein- und phosphatreduziert) ernährt werden. Man hatte festgestellt, daß Protein keinen Einfluß auf die Progression einer CNI hat und daß es auch Gründe gegen eine proteinreduzierte Diät gibt (Proteinunterernährung).
Mika bekam Normalfutter und da er immer einen Blutphosphatwert von 1.3 (Ref. 0.8 – 2.2) – im angeblich sicheren Bereich – hatte, in den ersten vier Jahren gar keinen Phosphatbinder, später eher unregelmäßig, meistens nur zu Rohfleisch.
Im November 2011 bekam er auf einmal Probleme mit den Hinterbeinen, er setzte nicht die Pfoten auf, sondern den kompletten Unterschenkel wie bei einer diabethischen Neuropathie. Außerdem wirkte er „geistesabwesend“.
Über Parathormon und sekundären Hyperparathyreoidismus wußte ich zu dem Zeitpunkt nicht viel mehr, als daß ein erhöhter Parathormonspiegel eine Entnahme von Calcium aus den Knochen bewirkt. Ich wußte auch durch meinen TA, daß nur ein Parathormon-Test verläßliche Aussagen über den Phosphat-Wert gibt.
Bis dahin gab es nur den sehr teuren (166,- €) PTH-Test von Vet. Med., bei dem das Serum tiefgekühlt verschickt werden muß, aber kurz vor Mikas Problem hatte ich gelesen, daß das Labor Alomed ein neues Verfahren entwickelt hatte, das Serum zu stabilisieren und ungekühlt zu verschicken, was den Preis auf ca. 60,- Euro reduziert.
Bei Mika wurde das Becken geröngt – keine Entkalkung – und ein PTH-Test in Auftrag gegeben.
Das Ergebnis war eine Katastrophe. Ref. 3 – 24, Mikas PTH-Wert war 283. Der Blutphosphatwert war 1.5 (Ref. 0.8 – 2,2.), also völlig
normal.
Weil wir dem Ergebnis von Alomed nicht trauten, wiederholten wir den Test bei Vet. med. Mit dem gleichen katastrophalen Ergebnis.
Ref. 0 – 37.7, Mikas Wert war 460.
Das bedeutete, daß bei Mika der sekundäre Hyperparathyreoidismus in Gang gekommen war.
Was ist das?
Es bedeutet, daß Calcium und Phosphat nicht mehr im Gleichgewicht sind und Parathormon, das die Phosphat- und Calciumspiegel kontrolliert, in Überproduktion geht.
Allgemein geht man davon aus, daß erst, wenn ein erhöhter Blutphosphatwert vorliegt (der steigt aber erst an, wenn 4/5 der Nephronen nicht mehr funktionieren, also nur noch 20 % Restfunktion vorliegen!) es zur Ausschüttung von Parathormon kommt. PTH versucht dann, das Verhältnis von Phosphor zu Calcium im Serum wieder zu normalisieren.
Durch das Absinken der glomerulären Filtrationsrate im Verlauf einer CNI verbleibt immer mehr Phosphat im Körper und es werden immer höhere PTH-Konzentrationen erforderlich zur Aufrechterhaltung normaler Blutwerte von Calcium und Phosphat.
Ein erhöhter PTH-Blutspiegel bewirkt aber eine vermehrte Calciummobilisation und folglich auch von Phosphat aus Knochen, was den Phosphat-Blutspiegel bei CNI-bedingter Phosphatretention zusätzlich ansteigen lässt; es kommt zu einem Teufelskreis! Sinkt die Nierenfunktion auf 10-15%, wird in der Niere kein aktives Vitamin D (Calcitriol) mehr gebildet.
Es ist zu vermuten, daß Mikas normale Werte jahrelang nur durch PTH normal erschienen.
Die Therapie bei sekundärem Hyperparathyreoidismus besteht in konsequenter Phosphatreduktion, die der Schwere des Verlaufs und den Symptomen angepaßt werden muß.
Mika bekam morgens RC Nierendiät + Phosphatbinder, abends Normalfutter plus Phosphatbinder, spätabends Kattovit Nierenschonkost mit Phosphatbinder.
Eine weitere Therapie-Option, bei der aber der Blutphosphatwert normal sein muß, besteht in der Gabe von Calcitriol (aktivesVitamin D). Ist aber nicht ohne Risiko (Gewebeverkalkung) und erfordert sehr häufige Kontrollen.
In meiner Panik habe ich von meinem TA eine Calcitriolbestimmung und je nach Ergebnis auch einen frühen Einsatz von Calcitriol verlangt, was er ablehnte. Erst durch intensives Lesen und Hilfe meiner Freundin habe ich dann begriffen, daß zuviel Phosphat die Bildung von Calcitriol in der Niere hemmt. Es ist also in jedem Fall sinnvoll, den Erfolg der diätetischen Maßnahmen abzuwarten.
Bei den meisten Katzen führt auch die Phosphatrestriktion allein zur Normalisierung der PTH-Werte.
Bei Mika wurde Anfang Januar 2012 erneut PTH und dieses Mal auch Calcitriol getestet.
PTH 75 (3 - 24)
Calcitriol 19 (53 – 82)
Das war schon ein Quantensprung, der Mut machte.
Am 15.März gab es die nächste Kontrolle und das Ergebnis war einfach nur schön.
PTH 30 ( 3 - 24)
Calcitriol 58 (53 – 82)
Auch bei der 2. CNI-Katze, Mette, völlig unauffällig, Kreatinin 2.7, Blutphosphatwert 1.0 (!) habe ich nach vier Monaten konsequenter Phosphatbindergabe (zu Normalfutter) einen PTH-Test machen lassen.
Mette hatte einen PTH-Wert von 27 (Ref. 3 - 24), was man also noch so gerade als normal durchgehen lassen kann. Vermutlich hatte auch ihr Wert vor der Umstellung auf Phosphatbinder über der Referenz gelegen.
Was muß man wissen?
[FONT="]
Die Häufigkeit eines sHPT steigt mit der Dauer der Erkrankung. Letztlich sterben alle CNI-Katzen daran.
Die Phosphatausscheidung ist bei CNI von Anfang an gestört.
Deshalb ist eine Phosphatreduzierung auch von Anfang an erforderlich, auch bei normal erscheinendem Blutphosphatwert.
Die Referenzwerte gelten für alle Katzen,
ein Phosphatwert am oberen Rand der Referenz hat für eine junge gesunde Katze nicht die gleiche (negative) Bedeutung wie für eine CNI-Katze. Empfehlenswert ist es, darauf hin zu arbeiten, den Phosphatwert auf 1.3 zu bekommen.
sHPT liegt meistens schon vor, bevor Symptome da sind. Folgende Symptome sind aber typisch:
Renale Osteodystrophie,
Gummikiefer (selten): am deutlichsten bei jungen Tieren, bei älteren Tieren lockere Zähne.
Anämie,
Neuromuskuläre Störungen, infolge gestörter elektrischer Aktivität in Neuronen und Muskeln.
Abmagerung infolge u.a. verminderter Aminosäuren-Resorption.
Inappetenz bis Anorexie, infolge einer partiellen Insulinresistenz, leicht erhöhter Blutzucker, Hungergefühl vermindert
Infektionen: PTH verschlechtert die zelluläre und humorale Abwehr
Quellen:
Tanya's umfassendes Handbuch über chronisches Nierenversagen bei Katzen - Diagnose [1]
www.laupeneck.ch (ursprünglicher Link funktioniert nicht mehr) [2]
www.royal-canin.de (ursprünglicher Link funktioniert nicht mehr) [3]
Mein CNI-Kater Mika, CNI seit 2006, Krea-Ausgangswert 3.2 (Ref.<1.9), also Stadium III, hatte über die ganzen Jahre einen ungewöhnlich langsamen Verlauf. Mika bekam zur Nierenunterstützung zunächst SUC, damit hatte er nach einem Jahr einen Absturz. Mit Neynerin verbesserten sich seine Werte, der Kreatininwert stieg damit eigentlich nie über 3.0.
Zum Zeitpunkt von Mikas Diagnose änderte sich die bis dahin einhellig postulierte Forderung, eine CNI-Katze müsse von Anfang an mit Nierendiät (protein- und phosphatreduziert) ernährt werden. Man hatte festgestellt, daß Protein keinen Einfluß auf die Progression einer CNI hat und daß es auch Gründe gegen eine proteinreduzierte Diät gibt (Proteinunterernährung).
Mika bekam Normalfutter und da er immer einen Blutphosphatwert von 1.3 (Ref. 0.8 – 2.2) – im angeblich sicheren Bereich – hatte, in den ersten vier Jahren gar keinen Phosphatbinder, später eher unregelmäßig, meistens nur zu Rohfleisch.
Im November 2011 bekam er auf einmal Probleme mit den Hinterbeinen, er setzte nicht die Pfoten auf, sondern den kompletten Unterschenkel wie bei einer diabethischen Neuropathie. Außerdem wirkte er „geistesabwesend“.
Über Parathormon und sekundären Hyperparathyreoidismus wußte ich zu dem Zeitpunkt nicht viel mehr, als daß ein erhöhter Parathormonspiegel eine Entnahme von Calcium aus den Knochen bewirkt. Ich wußte auch durch meinen TA, daß nur ein Parathormon-Test verläßliche Aussagen über den Phosphat-Wert gibt.
Bis dahin gab es nur den sehr teuren (166,- €) PTH-Test von Vet. Med., bei dem das Serum tiefgekühlt verschickt werden muß, aber kurz vor Mikas Problem hatte ich gelesen, daß das Labor Alomed ein neues Verfahren entwickelt hatte, das Serum zu stabilisieren und ungekühlt zu verschicken, was den Preis auf ca. 60,- Euro reduziert.
Bei Mika wurde das Becken geröngt – keine Entkalkung – und ein PTH-Test in Auftrag gegeben.
Das Ergebnis war eine Katastrophe. Ref. 3 – 24, Mikas PTH-Wert war 283. Der Blutphosphatwert war 1.5 (Ref. 0.8 – 2,2.), also völlig
normal.
Weil wir dem Ergebnis von Alomed nicht trauten, wiederholten wir den Test bei Vet. med. Mit dem gleichen katastrophalen Ergebnis.
Ref. 0 – 37.7, Mikas Wert war 460.
Das bedeutete, daß bei Mika der sekundäre Hyperparathyreoidismus in Gang gekommen war.
Was ist das?
Es bedeutet, daß Calcium und Phosphat nicht mehr im Gleichgewicht sind und Parathormon, das die Phosphat- und Calciumspiegel kontrolliert, in Überproduktion geht.
Allgemein geht man davon aus, daß erst, wenn ein erhöhter Blutphosphatwert vorliegt (der steigt aber erst an, wenn 4/5 der Nephronen nicht mehr funktionieren, also nur noch 20 % Restfunktion vorliegen!) es zur Ausschüttung von Parathormon kommt. PTH versucht dann, das Verhältnis von Phosphor zu Calcium im Serum wieder zu normalisieren.
Durch das Absinken der glomerulären Filtrationsrate im Verlauf einer CNI verbleibt immer mehr Phosphat im Körper und es werden immer höhere PTH-Konzentrationen erforderlich zur Aufrechterhaltung normaler Blutwerte von Calcium und Phosphat.
Ein erhöhter PTH-Blutspiegel bewirkt aber eine vermehrte Calciummobilisation und folglich auch von Phosphat aus Knochen, was den Phosphat-Blutspiegel bei CNI-bedingter Phosphatretention zusätzlich ansteigen lässt; es kommt zu einem Teufelskreis! Sinkt die Nierenfunktion auf 10-15%, wird in der Niere kein aktives Vitamin D (Calcitriol) mehr gebildet.
Es ist zu vermuten, daß Mikas normale Werte jahrelang nur durch PTH normal erschienen.
Die Therapie bei sekundärem Hyperparathyreoidismus besteht in konsequenter Phosphatreduktion, die der Schwere des Verlaufs und den Symptomen angepaßt werden muß.
Mika bekam morgens RC Nierendiät + Phosphatbinder, abends Normalfutter plus Phosphatbinder, spätabends Kattovit Nierenschonkost mit Phosphatbinder.
Eine weitere Therapie-Option, bei der aber der Blutphosphatwert normal sein muß, besteht in der Gabe von Calcitriol (aktivesVitamin D). Ist aber nicht ohne Risiko (Gewebeverkalkung) und erfordert sehr häufige Kontrollen.
In meiner Panik habe ich von meinem TA eine Calcitriolbestimmung und je nach Ergebnis auch einen frühen Einsatz von Calcitriol verlangt, was er ablehnte. Erst durch intensives Lesen und Hilfe meiner Freundin habe ich dann begriffen, daß zuviel Phosphat die Bildung von Calcitriol in der Niere hemmt. Es ist also in jedem Fall sinnvoll, den Erfolg der diätetischen Maßnahmen abzuwarten.
Bei den meisten Katzen führt auch die Phosphatrestriktion allein zur Normalisierung der PTH-Werte.
Bei Mika wurde Anfang Januar 2012 erneut PTH und dieses Mal auch Calcitriol getestet.
PTH 75 (3 - 24)
Calcitriol 19 (53 – 82)
Das war schon ein Quantensprung, der Mut machte.
Am 15.März gab es die nächste Kontrolle und das Ergebnis war einfach nur schön.
PTH 30 ( 3 - 24)
Calcitriol 58 (53 – 82)
Auch bei der 2. CNI-Katze, Mette, völlig unauffällig, Kreatinin 2.7, Blutphosphatwert 1.0 (!) habe ich nach vier Monaten konsequenter Phosphatbindergabe (zu Normalfutter) einen PTH-Test machen lassen.
Mette hatte einen PTH-Wert von 27 (Ref. 3 - 24), was man also noch so gerade als normal durchgehen lassen kann. Vermutlich hatte auch ihr Wert vor der Umstellung auf Phosphatbinder über der Referenz gelegen.
Was muß man wissen?
[FONT="]
Die Häufigkeit eines sHPT steigt mit der Dauer der Erkrankung. Letztlich sterben alle CNI-Katzen daran.
Die Phosphatausscheidung ist bei CNI von Anfang an gestört.
Deshalb ist eine Phosphatreduzierung auch von Anfang an erforderlich, auch bei normal erscheinendem Blutphosphatwert.
Die Referenzwerte gelten für alle Katzen,
sHPT liegt meistens schon vor, bevor Symptome da sind. Folgende Symptome sind aber typisch:
Renale Osteodystrophie,
Gummikiefer (selten): am deutlichsten bei jungen Tieren, bei älteren Tieren lockere Zähne.
Anämie,
Neuromuskuläre Störungen, infolge gestörter elektrischer Aktivität in Neuronen und Muskeln.
Abmagerung infolge u.a. verminderter Aminosäuren-Resorption.
Inappetenz bis Anorexie, infolge einer partiellen Insulinresistenz, leicht erhöhter Blutzucker, Hungergefühl vermindert
Infektionen: PTH verschlechtert die zelluläre und humorale Abwehr
Quellen:
Tanya's umfassendes Handbuch über chronisches Nierenversagen bei Katzen - Diagnose [1]
www.laupeneck.ch (ursprünglicher Link funktioniert nicht mehr) [2]
www.royal-canin.de (ursprünglicher Link funktioniert nicht mehr) [3]
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